06Vergleich

Der Vergleich ist ein gegenseitiger Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird, vgl. § 779 Abs.1 BGB. Man unterscheidet zwischen dem außergerichtlichen Vergleich und dem Prozessvergleich.

Von einem außergerichtlichen Vergleich spricht man, wenn der Vergleich nicht in einem laufenden Verfahren vor dem Prozessgericht oder im schriftlichen Verfahren geschlossen wird.

Der Prozessvergleich besitzt eine so genannte "Doppelnatur". Er ist zugleich materiell-rechtlicher Vertrag im Sinne des § 779 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) beziehungsweise des § 55 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) und verfahrensbeendende Prozesshandlung. Deshalb müssen sowohl die Voraussetzungen für einen wirksamen Vergleichsvertrag (§ 779 BGB, § 54 VwVfG), als auch alle Prozesshandlungsvoraussetzungen (z. B. wirksame Prozessvertretung) vorliegen. Formal ist der Prozessvergleich im Zivilprozess nur wirksam, wenn

  • er in mündlicher Verhandlung vor dem Gericht zu Protokoll erklärt wurde
  • oder
  • im schriftlichen Vorverfahren ein Vergleichsvorschlag des Gerichts schriftlich von beiden Parteien angenommen worden ist und das Gericht das Zustandekommen durch Beschluss festgestellt hat (§ 278 Absatz 6 Zivilprozessordnung, ZPO).

Im verwaltungs- und sozialgerichtlichen Verfahren kann er

  • zur Niederschrift des Gerichts oder des beauftragten oder ersuchten Richters
  • oder
  • durch schriftliche Annahme eines als Beschluss ergangenen Vorschlags des Gerichts geschlossen werden (§§ 106 VwGO, 101 SGG).

Die gerichtliche Protokollierung ersetzt alle unter Umständen nach bürgerlichem Recht geforderten Formerfordernisse (§§ 127a, 129 Absatz 2 BGB).

Neben den im Vergleich vereinbarten Regelungen hat der wirksame Prozessvergleich prozessuale Wirkungen:

  • Er beendet unmittelbar den Rechtsstreit und die Rechtshängigkeit des Verfahrens.
  • Er stellt einen Vollstreckungstitel (§ 794 Absatz 1 Nr. 1 ZPO, § 168 Absatz 1 Nr. 3 VwGO) dar, soweit der Vergleich einen vollstreckungsfähigen Inhalt hat.

Ein Prozessvergleich wird häufig unter einer materiell-rechtlichen Bedingung, insbesondere eines Widerrufsvorbehaltes, geschlossen. In diesem Fall hängen die prozessualen Wirkungen des Vergleichs vom Eintritt oder Nichteintritt der Bedingung ab.

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